Tobi Weiser: Mit Grönemeyer auf Tour in USA

Tobi Weiser an der Midas H2000 im Irving Plaza, New York

Im September war Herbert Grönemeyer für ein Dutzend Konzerte in Nordamerika unterwegs – natürlich gastierte er dort nicht in Arenen und Stadien, sondern in Clubs und kleinen Theatern. EventElevator hat sich mit Tobi Weiser unterhalten, der die Tour am FoH betreut hat.

EventElevator: Grönemeyer in Amerika in kleineren Clubs – Wo liegen die größten Unterschiede zu seiner vergangenen Clubtour in Deutschland, die Du ja auch schon betreut hast?

Tobi Weiser: Back to the Roots! Das kann man schon mal als Kernaussage dieser Rutsche sagen. Im Gegensatz zu einer normalen Tourproduktion und auch der letzten Clubtour in Deutschland wurden dieses mal die Karten täglich neu gemischt. Wir waren in Clubs mit 500 bis 1.200 Personen und ohne festes Equipment unterwegs und mussten mit dem leben, was uns die Locations zur Verfügung stellten. Pulte, PA, Monitoring, all das war jeden Tag unterschiedlich und wir mussten jeweils das Beste daraus machen 😉

Ich hatte lediglich ein kleines Siderack mit Micpreamp, FX und Summencompressor, sowie meinen Rechner mit Soundkarte und Smaart und die eigene Mikrofonierung dabei. Dies waren quasi die einzigen Konstanten. Die Backline wurde ebenfalls Local angemietet und reiste ab Atlanta im Trailer hinten am Bus mit. Die Venues waren durchweg mit gutem und marktüblichen Material ausgestattet, der Zustand war allerdings nicht immer ohne weiteres bespielbar und wir mussten einige Kompromisse eingehen. Die Atmosphäre knüpfte an die Clubshows in Deutschland an, welche durch die Nähe zum Künstler und der Band viel familiärer und intimer als die großen Stadiongigs waren. Das Publikum war bis auf wenige Ausnahmen sehr dankbar und feierte die Konzerte in einer sehr angenehmen Art und Weise.

„Die H1000 war dermaßen verdreckt und abgerockt, dass man teilweise die Fader und Potis nicht mehr bewegen konnte“

EE: Welches technische Euqipment ist Dir auf der Tournee begegnet?

TW: Wir hatten die komplette Bandbreite an Mischpulten und PA´s, die der Markt hergibt. Sehr oft hatte ich analoge Pulte, meistens dann aus dem Hause MIDAS. Hier bleiben die XL200 aus Bimbos 365 Club in San Francisco, die H1000 im Opera House in Toronto und die H2000 im Irving Plaza in New York sicher in ewiger Erinnerung.

Die XL200 in San Francisco, weil sie von der örtlichen Crew dermassen gut behandelt wird und man denkt, sie kommt geradewegs aus dem Karton. Die H1000 in Toronto, weil Sie dermaßen verdreckt und abgerockt war, das man teilweise die Fader und Potis nicht mehr bewegen konnte und mir die über die Automation zu programmierenden Auxsends und VCA´s zu Beginn der Show das Leben schwer gemacht haben. Die H2000 in New York ist so eng auf dem Balkon eingebaut, das man dort weder Hören noch richtig arbeiten kann. An dem Tag bin ich quasi permanent auf dem Weg vom Pult in den Saal und zurück gerannt. Ansonsten konnte ich oft mit Venue- oder SC48-Konsolen von AVID arbeiten, aber auch die altbekannten Yamahas waren vor allem im Monitorbereich vertreten.

Chicago: Liveshow unter Studiobedingungen mischen

PA von d&b in der Lincoln Hall, ChicagoEE: Wie unterscheidet sich im allgemeinen die Ausstattung der Venues in USA von denen in Deutschland?

TW: Der wesentliche Unterschied sind aus meiner Sicht die Venues selbst. Ich habe noch nie so abgefahrene Venus und auch Backstagebereiche gesehen wie auf dieser Rutsche. Das Spektrum reichte von voll runtergekommen bis liebevoll künstlerisch und detailverliebt eingerichtet. Highlight für uns alle war sicherlich das CEDAR in Minneapolis. Back to the 70´s mit einer MEGA Plattensammlung, Plattenspieler und alten Vintage Boxen mit Röhren Amps und einem Kulturverein, bestehend aus netten Freaks, die diesen Laden zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht haben. Bimbos 365 Club ist der absolute Hammer. Technisch alles vom feinsten und Top in Schuss, optisch sehr elegant eingerichtet, hier wird mit Herzblut gearbeitet und das Musikbusiness gelebt! Sehr beeindruckend war die Lincoln Hall in Chicago, hier ist eine d&b-Installation eingebaut und beim Bau des Venues hat man hörbar sehr viel Geld in raumakustische Maßnahmen gesteckt. Hier konnte ich die Live Show unter Studiobedingungen mischen – GEIL!

Noch amerikanischer ist der 9:30 Club in Washington/DC. Hier wird der 1.200er Club mit zwei 8ter Hangs d&b J plus B2 Subs beschallt – da rappelt die Kiste, sag ich euch 😉 Noch geiler ist die Tatsache das das komplette Rig für die Supportacts rund 4m in Richtung FOH verfahren und eine kleine Bühne vor die Bühne gebaut wird, damit der Headliner nicht umgebaut werden muss… That’s the american way.

Beste Show war für mich im Wilbur Theatre in Boston. Obwohl ich im Vorfeld durch Beiträge im Internet, welche über miserablen Sound und schlechte Livebedingungen in dieser Venue berichtet hatten, sehr vorbelastet war, wurden wir alle eines besseren belehrt. Die dort installierte Meyer-Sound-Anlage ist sehr schön konfiguriert und fachmännisch getuned. Nachdem ich bei Get In auch meinen FOH-Platz aus dem hinteren Bereich des Unterrangs in eine zentrale und zumutbare Position umbauen ließ, hat das richtig gerockt. Die Atmosphäre, das Bostoner Publikum und die Band gab dann noch den Rest zu einem einmaligen Konzertereignis mit Herbert.

EE: Wie ist die Zusammenarbeit mit den local crews verlaufen? Man hört ja immer wieder Geschichten vom Einfluss der Gewerkschaften: Arbeiter, die strikt ihre Pausen einhalten, egal, was gerade unbedingt gemacht werden muss etc.

TW: Im Gegensatz zu den Gigs im Frühjahr hatten wir dieses mal mit keinen UNIONS zu tun. Wir waren so kompakt unterwegs, dass wir immer mit den Angestellten der Venues gearbeitet haben. Auch unser Scedule war entspannt, so dass es dieses mal kein Thema war. Im Frühjahr hatten wir ja einen kompletten Truck mit Material dabei, da kann ich mich noch an die ein oder andere Situation erinnern, die für uns Europäer eher fremd war. Ich weiss noch das ich damals beim Auf- und Abbau des FOH Platzes nicht helfen durfte, lediglich die Verkabelung blieb mit überlassen und natürlich auch das mischen 😉

„Tobi!? Reicht das?“

EE: Wie ist deiner Meinung nach das Niveau der Techniker in USA im Vergleich mit Deutschland?

TW: Wir hatten meistens mit fähigen und unkomplizierten Hausleuten zu tun. Es gab allerdings auch Kollegen die wenig Verständnis für die Materie hatten und sehr schnell ins schwitzen kamen, wenn wir die Anlagen dann auf unsere Belange umkonfigurieren wollten. Da brauchte es dann sehr viel Geduld. Auch war es immer wieder problematisch, in die generelle Konfiguration der Anlagen einzugreifen. Die meisten Anlagen sind als sogenannte Lease PA´s in den Clubs eingebaut und die Betreiber dürfen auf Grund der Verträge keine Hand anlegen. Da mussten wir dann ein wenig in die Trickkiste greifen…

EE: Gab es generelle Unterschiede in Deiner Arbeitsweise im Vergleich zur letzten Tour mit Grönemeyer hier in Deutschland?

TW: Wir waren ja nur zu dritt: Andi Zabel als Herberts Backliner hat zusätzlich den Monitormix übernommen. Jan Dehling hat die restliche Backline betreut und ich habe mikrofoniert, die Hausanlagen in Gang gebracht und gemischt. So hat jeder Minimum zwei Jobs gehabt. Die Produktionsleitung hatte Tobi Kühnel, der uns weitestgehend den Rücken freigehalten hat. Auf der Clubtour in Deutschland war das personell umfangreicher besetzt und wir hatten auch Pulte und PA dabei. Also viel mehr Konstanten. Ich hatte zum Teil sehr viel damit zu tun, bis die Hausanlagen erst mal das machten was sie sollten. So wurde der ein oder andere defekte Treiber lokalisiert, Phasen angeglichen und auch Delayzeiten neu eingestellt.

Soundchecks in dieser Art und Weise – wo wir ja quasi fast immer von Null angefangen haben – waren für die Band in dieser Form auch Neuland und es war nicht immer leicht, Band und Künstler für einen ausgedehnten Soundcheck zu motivieren. Ich erinnere mich zu gerne daran, dass Herbert auf die Bühne kam und nach vier Takten ins Mikro sagt: Tobi!? Reicht das? … du sagst uns ja wenn es für dich OK ist…  Showmäßig kann man sagen, dass alle Beteiligten sichtlich Spaß an dieser Konstellation hatten. Spielfreude wurde wirklich groß geschrieben, auch wenn nicht alle Zuschauer mit den englischen Texten zu begeistern waren.