APWPT zur 700 MHz-Versteigerung

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) führt seit geraumer Zeit ein Regulierungsverfahren durch, dass die geplante Fusion von zwei deutschen Mobilfunkunternehmen behandelt. Die Behörde verbindet jetzt dieses Verfahren mit dem 700 MHz-TV-Frequenzbereich, hat aber am 5. Mai 2014 auf eine Erörterung des Themas verzichtet.

(Update 6. Mai 2014: Zu Beginn der Anhörung am 5. Mai teilte BNetzA-Präsident Jochen Homann mit, dass eine „DD II“ kein Gegenstand dieser Anhörung sein werde, sondern durch eine gesonderte Anhörung im Rahmen des Verfahrens „Projekt 2016“, BK 1-11/003 behandelt wird. Die APWPT geht davon aus, dass diese Entscheidung auf Grundlage der Kommentierungen der Verbände aus der Kunst, Kultur und Kreativbranche getroffen wurde.)


Mit den Erfahrungen der 800 MHz-Versteigerung lehnen namhafte Verbände aus Kunst, Kultur und Kreativbranche, der Veranstaltungs- und Konzertproduktionen und der Content-Produktion dieses Vorhaben mit Nachdruck ab. Diese Verbände fordern gemeinsam mit der APWPT, die Vorlage eines Frequenzkonzepts für die drahtlosen Werkzeuge mit langfristiger Planungssicherheit.


Auswirkung einer 700 MHz-Versteigerung für drahtlose Mikrofone

Beim Verlust des 700 MHz-Bereichs ergeben sich direkte und indirekte Effekte auf die zukünftige Mikrofonnutzung:

  • Nach der 800 MHz-Versteigerung, erhöht sich der Frequenzverlust für drahtlose Mikrofone weiter auf bis zu 168 MHz. Direkt betroffen sind die Mikrofonanwender, die durch eine zwingende Nutzergruppeneinteilung der BNetzA nur in den 700 MHz-Bereich ausweichen konnten. Diese haben für eine 700 MHz-Versteigerung nur wenig Verständnis.

  • Der Rundfunk plant in absehbarer Zeit die Einführung von digitalem, terrestrischem HD-Fernsehempfang, s.g. DVB-T2. Das soll für mehrere Jahre parallel zum bereits ausgestrahlten Digitalfernsehen stattfinden – der Rundfunk hat also für längere Zeit einen deutlich höheren Frequenzbedarf. Wenn der 700 MHz-Bereich nicht mehr zur Verfügung stünde, würde der Rundfunk in einer Reihe von Regionen die derzeit noch freien und für Mikrofone nutzbaren Frequenzen unterhalb 700 MHz belegen – hier wäre langfristig eine drahtlose Mikrofonnutzung unterbunden.

Warum sind Mikrofone eigentlich betroffen?

Als unsere „Vorfahren“ die Nutzung von Rundfunkfrequenzen für drahtlose Mikrofone einrichteten, war es unvorstellbar welche Bedeutung diese in Zukunft bekommen würden. Daher wurden diese als sogenannte Sekundäranwendung konzipiert: Regionale freie Rundfunkfrequenzen wurden für die Programmproduktion geöffnet. 
Jahrzehnte später: Die Rundfunkprogrammverbreitung wurde digitalisiert. Daher benötigt diese weniger Spektrum und hat deutlich weniger, regional unbenutzte Frequenzen. Dieses „freie“ Spektrum versuchen viele Funkverwaltungen jetzt „umzuwidmen“, vermutlich um möglichst viel Geld in die Staatskasse zu bekommen.

Sekundärstatus – die Falle für drahtlose Mikrofone

Der Sekundärstatus der drahtlosen Mikrofone enthält keinerlei Garantie, dass neue Frequenzen zugewiesen werden. Im Gegenteil, es steht immer weniger Funkspektrum in geeigneter Qualität zur Verfügung. Diesen Prozess kann man durch neue Mikrofonsysteme teilweise kompensieren, aber das hat physikalische Grenzen.

Gewinner und Verlierer

Die Gewinner sind vor allem der Mobilfunk und die Staatskasse. Betroffen sind die Mikrofonanwender, die Bundesländer oder Einrichtungen, die wiederholt die Kosten und den Aufwand für notwendige Umstellungen übernehmen müssen.

Die Zukunft

Es stellt sich seit geraumer Zeit die Grundsatzfrage, wie lange die Sekundärnutzung für drahtlose Mikrofone noch praktikabel ist und ob es absehbar erforderlich sein wird, geeignete Funkfrequenzen vorrangig für die Veranstaltungsproduktion einzurichten. 

Die APWPT fordert einen nationalen Konsens zur Sicherung der langfristigen Planungssicherheit für alle drahtlosen Werkzeuge für Veranstaltungen, Konzerte und der Content-Produktion.

Zusammenfassung aller öffentlich zugänglichen Informationen zur Mobilfunknutzung:

Breitband für alle? 
Unbestritten ist der mobile Internetzugang eine wichtige Maßnahme zur Gestaltung der Zukunft. Allerdings haben die Jahre nach der deutschen 800 MHz-Versteigerung gezeigt, dass der Mobilfunk alleine nicht in der Lage ist „blühende Landschaften“ zu erzeugen. Viele Argumente, geäußert vor der 800 MHz-Versteigerung, haben sich nachträglich als Wunschdenken erwiesen. Daher ist die deutsche Politik heute „bescheidener“ und spricht nur noch von „50 Mbit für alle“.

Unklar bleibt der praktische Nutzen im realen Einzelfall. 

Ist „50 MBit für alle“ ein zwingender Grund für die Versteigerung von zusätzlichem Funkspektrum? 
Ein Blick in das Internet lässt hier Zweifel aufkommen. So zitiert Wikipedia bereits 2007 namhafte Mobilfunkunternehmen, die UMTS anbieten:
 „Die Telekom Deutschland hat laut eigenen Angaben das gesamte UMTS-Netz mit 42,2 Mbit/s HSDPA ausgerüstet. Im Februar 2007 waren über 60 Prozent der Bevölkerung abgedeckt. Das Vodafone-Netz deckt 82 Prozent der Bevölkerung ab und stellt mindestens HSPA+ mit Geschwindigkeiten von 21,6 Mbit/s bereit, während 54 Prozent des Netzes mit HSPA+-Geschwindigkeiten von 42,2 MBit/s ausgelegt sind.
“


Wenn Mobilfunkunternehmen bereits 2007 in der Lage waren, mittels UMTS-Netzen rund 85 Prozent der heute von der Politik gewünschten Datenrate bereitzustellen, dann stellt sich die Frage warum dieser Vorteil nicht genutzt wurde?
 Die Internetseite „Elektronik-Kompendium“ stellt hierzu fest: „LTE erhöht die Kapazität gegenüber HSPA um Faktor 3,5 (im gleichen Frequenzspektrum) und gegenüber HSPA+ um den Faktor 2,5 (im gleichen Frequenzspektrum). Da die Kosten für eine neue Basisstation um das zehnfache einer Aufrüstung von LTE übersteigt, ist LTE für die Netzbetreiber um einiges attraktiver.“

Die 

APWPT stellt zusammenfassend fest: 

  • LTE ist für die Mobilfunkunternehmen wirtschaftlich sehr attraktiv ist, und fragt sich warum dieser wirtschaftliche Vorteil nicht zunächst in den vorhandenen UHF-Mobilfunknetzen (z. B. 900 MHz) umgesetzt wird?

  • Eine Performancesteigerung um Faktor 2,5 gegenüber HSDPA+ bedeutet, dass die Ziele der Breitbandinitiative nach Umrüstung der Mobilfunk-Basisstation von UMTS auf LTE(-A), umgehend erreicht werden.

Mobilfunkalternativen?
Aus Sicht der APWPT hat der Mobilfunk durchaus Alternativen in der Hand:

  • Umstellung der vorhandenen UMTS-Technik auf das moderne LTE-A. Nach Experteninformation wird dadurch ein größerer Effekt generiert, als durch eine zusätzliche Versteigerung der 700 MHz-Frequenzen. Der Mix von GSM und LTE kann langfristig die Kompatibilität und Kapazität des Mobilfunks sichern. 
  • „Nationales Roaming”, vergleichbar zur „letzten Meile im Kabelnetz“ zur Sicherung der flächendeckenden „Coverage“. So können landesweit sehr viele Endgeräte (Handy, Smartphone…) mit den Mobilfunknetzen verbunden sein und werden bei Bedarf in die regional verfügbare Funkzelle mit hoher Übertragungskapazität umgeschaltet. 
  • Die Notwendigkeit weiterer Mobilfunkfunkfrequenzen wird in der Regel über Statistiken belegt. In diesen Statistiken wird als „Haupttreiber“ der Download von Videos angeführt. Die Europa harmonisiert daher derzeit 25 MHz Funkspektrum für die Content-Verteilung über so genanntes „MFCN SDL“, Quelle: http://apps.ero.dk/eccnews/dec-2012/major-step.html.  Dadurch werden Mobilfunknetze nachhaltig entlastet und der reale Mobilfunk-Kapazitätsbedarf steigt erheblich langsamer.

  • Ausbau der Kabelinfrastruktur. Ein Beispiel ist der Kauf eines deutschen Kabelanbieters durch ein Mobilfunkunternehmen.


Wirtschaftliche Mobilfunkgrenzen


Der Versuch Glasfaser, TV-Kabel oder VDSL in Kombination mit lokalem WLAN durch Mobilfunk zu ersetzen, dürfte sich für lange Zeit als teures Experiment darstellen. „Geiz ist Geil – Mentalität“ im Kontrast zu milliardenschweren Infrastrukturinvestitionen dürfte sich langfristig und insbesondere in „wirtschaftlich unattraktiven Regionen“ als wenig zielführend erweisen.

Einnahmen für die „deutsche Staatskasse“?
In nächster Zeit steht die Versteigerung der durch die Fusion von Telefónica und E-Plus frei werdenden Frequenzen auf der Tagesordnung. Außerdem läuft eine Reihe von Mobilfunkzuweisungen aus und soll ebenfalls zu einem Versteigerungsverfahren führen. 

Der deutsche Bundesrat


Mit Bezug auf die 700 MHz-Rundfunkfrequenzen hat der deutsche Bundesrat wiederholt eine sehr eindeutige Position vertreten. 
Beispiel:  Der deutsche Bundesrat hat sich in einem Beschluss gegen den EU-Vorschlag zur Zentralisierung der elektronischen Kommunikation ausgesprochen: 
“..Der Bundesrat lehnt es ab, dass Frequenzen.. allein als Wirtschaftsgut betrachtet werden. Der Bundesrat erinnert daran, dass Frequenzen notwendige Voraussetzung für den Zugang und die Verbreitung von Kulturgütern sind.. Er unterstreicht, dass es.. in Deutschland auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, das 700-MHz-Band für die drahtlose Breitbandkommunikation zur Verfügung zu stellen. “ Quelle: Die Drucksache 689/1/13 der 917. Sitzung des Bundesrates



Langfristige beabsichtigte 700 MHz-Änderungen sind Gegenstand internationaler Diskussionen
. Eine Vielzahl von Gremien mit Teilnehmern u.a. aus Afrika, Europa und den Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) diskutieren derzeit, wie die Frequenznutzung im 700 MHz-Bereich zukünftig aussehen könnte. Soweit uns bekannt ist, betonen diese Arbeitsgruppen, dass drahtlose Mikrofone aktuell die 700 MHz-Frequenzen intensiv nutzen und dafür rasch eine Lösung gefunden werden muss.

Entscheidung voraussichtlich 2015

Es zeichnet sich nach Ansicht der APWPT unter anderem ab, dass drahtlose Mikrofone den 700 MHz-Bereich weiter nutzen sollen. Ob und in welchem Umfang das stattfinden kann, ist Gegenstand der internationalen Gremienarbeit. Eine abschließende Entscheidung für die gesamte Region wird voraussichtlich im November 2015 von der nächsten Weltfunkkonferenz getroffen und könnte nachfolgend, zum Beispiel in europäische und/oder nationale Frequenzentscheidungen einfließen.