Thunder and Lightning – (it’s frightning)

CC Masaki Ikeda

…bestimmen dieses Frühjahr bereits sehr massiv. Neben sehr großen Sachschäden durch Einschläge in Dachstühle war eine große Zahl von Verletzten schon bei mehreren Sportveranstaltungen und, besonders spektakulär, dieses Jahr zum zweiten Mal bei Rock am Ring zu beklagen.

Begleitet wurden die Gewitter von massiven Starkregen-Wetterlagen mit plötzlich auftretenden Überschwemmungen. Zusätzlich konnten wir in Deutschland ein neues Wetterphänomen live beobachten, das wir bisher nur aus dem Kino oder Fernsehen kannten: Tornados, bzw. die Vorstufe Trichterwolke.

Die aktuellen Wettergeschehnisse zwei Wochen nach dem abgebrochenen RaR lassen ebenfalls nicht auf baldige Besserung hoffen. In den USA wurde am letzten Wochenende (12. Juni) das 75.000-Besucher starke Bonnaroo Festival in Tennessee für mehrere Stunden unterbrochen, um eine starke Gewitterfront vorbeiziehen zu lassen und die Besucher in Sicherheit zu bringen. Dabei verließen sich die Veranstalter im Tornado-geplagten Tennessee auf die Dienste des auf Veranstaltungen hochspezialisierten Wetterdienstes Weather Decision Technologies, um eine verantwortungsbewusste Entscheidung zu treffen.

Ebenfalls abgesagt wurde schon am RaR-Wochenende in den USA der letzte Tag des Governors Ball Music Festival wegen „severe weather and a high likelihood of lightning in the area“, bevor es zu Schäden kommen konnte. So haben uns die noch vor kurzem oft wegen häufig umgestürzter Bühnen kritisierten Kollegen auf der anderen Seite des Teichs gezeigt, wie hohes Verantwortungsbewusstsein in Verbindung mit den aktuellen Technologien zum vorausschauenden Schutz von Menschenleben eingesetzt werden kann. Bereits vor zwei Jahren war auf dem International Production Meeting in London das Motto: „Dead people don’t buy tickets“.

Blitzschutz bei Veranstaltungen in Deutschland

Wie sind denn nun in Deutschland die Grundlagen und Möglichkeiten beim Thema Wetter- und besonders Blitzschutz bei Veranstaltungen? Was kann ein Veranstalter, bzw. ein für die Publikumssicherheit Verantwortlicher tun, um sich zu informieren? Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (VDE) als Expertenplattform für alles rund um die Elektrotechnik in Deutschland beschäftigt sich schon seit über 12 Jahren mit dem Thema Blitzschutz bei Veranstaltungen und brachte 2004 das erste Merkblatt für die Risikoanalyse für den Blitzschutz bei Zuschaueranlagen heraus. Von den dort gewonnen Erkenntnissen und den allgemeinen Grundsätzen des Blitzschutzes ausgehend wurde im dann Jahr 2013 eine Checkliste als Empfehlung für Veranstalter herausgebracht.
In dieser Checkliste wird empfohlen, für das Veranstaltungsgelände einen Blitzgefahrenplan anzulegen, der sich an den physikalischen Gegebenheiten und üblicherweise einzuhaltenden Sicherheitsabständen orientiert. Weiter werden in dem Merkblatt Hinweise zur Wetterbeobachtung und zu Anweisungen, Warnmeldungen und Durchsagen gegeben.

Die bisherigen Veröffentlichungen rund um die Blitzgefährdung beschäftigten sich hauptsächlich mit dem Besucher. Doch während Auf- und Abbau und der Show sind natürlich auch Beschäftigte auf einem Open-Air Gelände anwesend, für die der Arbeitgeber, bzw. der Auftraggeber für seine Subunternehmer Verantwortung trägt.

In einem weiteren Merkblatt von 2014 informiert der VDE über die Blitzgefährdung auf Baustellen. Ergibt sich die Verpflichtung eines Veranstalters, seine Besucher so gut wie möglich zu schützen eher indirekt aus den Verkehrssicherungspflichten, so sind die Verpflichtungen eines Unternehmers, bzw. Arbeitgebers in Sachen Arbeitsschutz eindeutig. Ist das Arbeitsschutzgesetz eher allgemein gehalten, so sind die Unfallverhütungsvorschriften eindeutig und verlangen von einem Arbeitgeber, dass er seine Beschäftigten gegen „Gesundheitsgefahren infolge des Wettergeschehens“ schützt. Das reicht von Wetterschutzkleidung bis hin zu geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen, die in o.g. Merkblatt gut beschrieben werden.

Hier schließt sich der Kreis zu der anfänglich gestellten Frage: „Was tun?“.

Der VDE nennt als organisatorische Maßnahmen:

  • Wahrnehmung von Donner: Gefährdete Bereiche wie z.B. das Gerüst oder die Dach –
    ebene sollten umgehend verlassen werden.
  • 10 Sekunden oder weniger zwischen Blitz und Donner:
    Ein Blitzeinschlag kann unmittelbar auftreten – Lebensgefahr!
  • Wurde eine halbe Stunde lang kein Donner mehr wahrgenommen, kann davon ausgegangen werden, dass das Gewitter vorüber ist. Die Personen können dann die Schutzbereiche verlassen und der Arbeitsablauf kann wieder aufgenommen werden.
  • Wenn ein Gewitter aufzieht oder naht, sollte der Aufenthalt im Freien grundsätzlich vermieden und das Arbeiten unterbrochen oder abgebrochen werden.

 Dabei sollte sich jeder bewusst sein, dass eine Gefährdung nicht nur von einem direkten Blitzschlag ausgeht, sondern es auch zu Überschlägen kommen kann. Daher empfiehlt der VDE, einen Abstand von 1m bis 3m zu Wänden und Metallteilen zu halten. Zusätzlich ist es überlebenswichtig, sollte man von einem Gewitter im Freien bedroht werden, sich so klein wie möglich zu machen und die Füße eng zusammenzustellen, um die Schrittspannung zu verringern.

Selbstverständlich kann und sollte es nicht als ausreichend angesehen werden, so lange zu warten, bis Donner zu hören ist. Im Gegenteil muss ein Veranstalter, sei es bei einer professionell organisierten Großveranstaltung oder bei Stadtfesten bereits vorher aktiv werden. Ein guter Leitfaden dabei sind die zu erwartenden und jeweiligen Windgeschwindigkeiten, an die auch im baurechtlichen Sinne Maßnahmen bei den verschiedenen Bauten geknüpft werden. In Großbritannien wurde in einer Handreichung zur dortigen Baustellenverordnung für temporäre Strukturen eine Wetter-Aktions-Matrix entworfen, die eine gute Orientierung darstellt.

Evakuierung ab Windstärke 8

So wird z.B. empfohlen, ab Windstärke 4 eine stündliche Wetterbeobachtung zu beginnen, ab Windstärke 8 die Evakuierung vorzubereiten. Ähnliche Vorgehensweisen sollte jeder Verantwortliche in der Tasche haben und in seine Sicherheitskonzepte einarbeiten. Dazu ist es erforderlich, in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeiten und Wetterprognosen Handlungen verbindlich festzulegen.

Beispielsweise kann die errechnete Räumungsdauer plus einem Zeitzuschlag für ein Treffen des Koordinierungsgremiums die erforderliche Reaktionszeit vorgeben. Für die Wetterbeobachtung eignet sich ganz besonders die App des Deutschen Wetterdienstes (DWD) „WarnWetter“, die für IOS und Android kostenlos erhältlich ist www.dwd.de. Hierbei sollte beachtet werden, dass es eine Vielzahl von Webseiten und Dienstanbietern gibt, doch nur eine offizielle Stelle, die sich mit Wetterbeobachtung und der Ausgabe von Wetterwarnungen beschäftigt und das ist der DWD. Eine gute und vertiefende Zusammenfassung findet sich auf der Handbuchseite des offiziell geförderten Projektes „Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen“ (BaSiGo) zum Thema „Umgang mit Wetter“.

In der Praxis kann in Verbindung mit der Blitzbeobachtung über entsprechende Webseiten mit Echtzeit-Blitzanzeige auch Intensität, Geschwindigkeit und Zugrichtung von Unwettern zuverlässig vor Ort beobachtet werden. Abschließend und unterstützend gehört zur Wetterbeobachtung auch der eigene Blick zum Himmel, um lokale Ereignisse möglichst rechtzeitig erkennen zu können, die nicht immer in den offiziellen Informationen zu erkenne sind. Ab diesem Jahr sollte das Beobachterauge besonders auf die Entwicklung von Trichterwolken achten, die auch in der Tornadovorstufe, also ohne Bodenkontakt bereits Schäden anrichten können.

Falco ZaniniÜber Falco Zanini

Seit 1980 ist Falco Zanini bereits in der Veranstaltungsbranche tätig. Er begann als Stagehand im damals größten Live-Club Deutschlands, der Rotation in Hannover. Schnell stieg er zum Crewchef auf und entdeckte seine Vorliebe für Personalarbeit, Organisation und Koordination. Nach einer Reise durch fast alle Gewerke und Tourneen quer durch Europa führte er von 1994 bis 2001 einen der größten Personallogistikanbieter in Deutschland. Während dieser Zeit war er maßgeblich an der Professionalisierung dieser Dienstleistung beteiligt.

Nach der Fortbildung zum Betriebswirt IHK schloss er außerdem als Meister für Veranstaltungstechnik (Bühne/Studio) ab. Zusätzlich verfügt er u.a. über die Qualifikation als Fachkraft für Arbeitssicherheit. In seiner täglichen Arbeit vereint er dieses Wissen bei Veranstaltungen aller Art als Verantwortlicher für Veranstaltungstechnik, Koordinator, technischer Leiter und Berater. Ebenso erstellt er ganzheitliche Sicherheitskonzepte und betreut namhafte Firmen der Branche nach den gesetzlichen Anforderungen im Arbeitsschutz mit Augenmaß.
www.falco-zanini.de